Ephraim Kishon ist, neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit, in Deutschland oft auch
als politischer Kopf einerseits, und als inoffizieller Pressesprecher seiner
Heimat Israel andererseits, in Erscheinung getreten. Oft waren dabei seine
Ansichten gerade in Bezug auf Israel dem israel-kritischen deutschen Mainstream
nicht genehm. Manchmal lösten seine kontroversen Thesen sogar regelrechte Debatten in Deutschland
aus.
Hier seien zwei solche Fälle dokumentiert:
Zur Verdeutlichung und Einordnung von Kishons politischen Ansichten mögen folgende Ausschnitte aus seiner Autobiographie dienen. - Quelle:
Nichts zu lachen. Die Erinnerungen, München/Berlin 1993.
Die hervorgehobenen Passagen sind Fragen des israelischen Journalisten Jaron London, der an der Entstehung des Buches beteiligt war
Erst viel später erfuhr (...) [ich], dass der politischen und geistigen Führung der Freien Welt die Völkermord- Verschwörung bereits seit
1942 in allen Einzelheiten bekannt war. Dem Papst, der Bescheid wusste und nichts sagte, Roosevelt und Churchill, die sich hartnäckig weigerten,
die Gleise nach Auschwitz zu bombardieren. (...) sie aber krümmten keinen Finger, nicht für mich, nicht für meine Familie, nicht für mein Volk.
Darum ist der Jüdische Staat die einzige Bürgschaft für das Leben und die Würde und das Leben meiner Kinder und Enkel, das einzige
Gegenmittel für jene pathologische Krankheit, von der die Menschheit seit Tausenden von Jahren befallen ist, dem uralten,
unheilbaren Antisemitismus (...) Ich weiß auch, dass ich ohne Israel nicht einmal einen Bruchteil meiner Erfolge erzielt hätte.
Nicht nur, weil mich dieses neue Heimatland mit soviel Liebe aufgenommen und mir meine menschliche Würde zurückgegeben hat,
sondern weil meine internationale Karriere zu Anfang stark davon profitierte, dass bis in die siebziger Jahre hinein Israel alle
Sympathien der westlichen Welt hatte. Doch dann entdeckten die Araber, wie man Public Relations macht und der »Time-out«,
den wir mit sechs Millionen Leichen erkauft hatten, war mit einem Schlag zu Ende.
-
- Erschreckt (...) [die Menschen] ihr übertriebenes Nationalbewusstsein nicht doch manchmal?
-
- Erschrecken? Ich bin heilfroh, dass ich nach 2000 Jahren mein
übertriebenes Nationalbewusstsein ausleben kann, auch wenn mein
leidenschaftlicher Patriotismus den einen oder anderen Schöngeist irritiert. Ich
habe Mitleid mit Menschen, die dieses Gefühl nicht kennen.
Ich weiß dass meine chauvinistischen Ansichten der öffentlichen Meinung nicht
genehm sind, und ich habe davon spürbare Nachteile, auch in den deutschen
Medien. Wenn sich bei einem Interview zum Beispiel herausstellt, dass ich nicht
bereit bin, der linken Mafia das Wort zu reden oder meine Regierung öffentlich
durch den Schmutz zu ziehen, fällt der Artikel bedeutend kürzer aus, oder der
betreffende Sender lädt mich nie wieder ein.
(...)
Ich halte es aber für die Pflicht jedes Menschen, gleichgültig, ob er jüdischer
oder deutscher Abstammung ist, dieses winzige, bedrohte und erschöpfte Israel zu
unterstützen, dass sich nicht nur gegen seine übermächtigen Feinde, sondern auch
gegen seine fragwürdigen Freunde zur Wehr setzen muß. Manchmal bedaure ich, dass
ich Jude bin, denn als Nichtjude könnte ich den israelischen Existenzkampf viel
überzeugender unterstützen.
(...)
Ich verteidige das heutige Deutschland mit derselben Offenheit, mit der ich mich
für Israel einsetze, wenn in den internationalen Medien das ganze deutsche Volk
wegen einer Handvoll rechtsradikaler Verrückter, und verirrter Jugendlicher an
den Pranger gestellt wird.
Die Deutschen haben in gewisser Weise ein ähnliches Schicksal wie die Juden, sie
sind unbeliebt in der Welt, und es wird jede Gelegenheit im Westen wahrgenommen,
das Vorurteil zu bestätigen. Wir Juden wissen ja, wie es ist, von den Medien
verfolgt zu werden, wir leben damit seit 2000, genauer 1993 Jahren.
Es ist eine Binsenwahrheit, dass, von der Kreuzigung Jesu von Nazareth
angefangen, in der Geschichte immer die Juden als die Schuldigen übriggeblieben
sind. Nicht, dass die römischen Legionäre die Nägel in seine Hände geschlagen
haben, wird im Unterricht gelehrt, sondern, dass die Juden den Sohn des Herrn
kreuzigten. Und diese bewährte Tradition hält sich bis heute und bestimmt sogar
die journalistische Diktion. In Frankreich werden Terroristen »ausgewiesen«, in
Israel »deportiert«; in Indien »forderten Zusammenstöße mit der Polizei 170
Opfer«, in Jerusalem fand ein Massaker an 17 »Arabern« statt.
(...)
Wenn ich glauben könnte, dass wir innerhalb der Grenzen von 1967 völlig sicher
sind, dann wäre auch ich dafür, einen großen Teil der besetzten Gebiete
zurückzugeben, sowohl auf der Westbank, als auch in der Hölle namens
Gaza-Streifen. Ich zweifle aber nicht daran, dass die arabischen Staaten diese
Gebiete umgehend als Sprungbrett mißbrauchen werden, uns endgültig zu
vernichten. Sollte es jemandem gelingen, meine Befürchtungen zu entkräften,
würde ich sogar freudig einem Abzug Israel zustimmen.
(...)
Ich denke über den Krieg und seine Gefahren wie jeder Israeli und sicher mit
nicht weniger Schmerz als unsere Pazifisten. Was uns unterscheidet, nein, was
uns trennt, ist meine Überzeugung, dass wir kämpfen müssen, dass dies der Preis
ist dafür, dass es meinem Enkel nicht so ergeht wie seinem Opa Hoffmann Ferike
[Kishons eigentlicher Name].
Das Beispiel der jugoslawischen Tragödie bestätigt nur, dass die
Weltöffentlichkeit nach einigen halbherzigen Protesten auch über unseren
Untergang sehr rasch zur Tagesordnung übergehen würde mit dem scheinheiligen
Kommentar »Naja, die Israelis konnten aufgrund ihrer grausamen Besatzungspolitik
nichts anderes Erwarten.«
-
- Kann schon sein. Doch nicht darin liegt die Wurzel des Kontroversen. Glauben Sie denn wirklich, dass es Israel hilft,
wenn ihr Sohn Amir, der Physiker, während seiner 42 Tage Reservedienst pro Jahr steinewerfenden Kindern in Gaza nachläuft?
-
- Nein, es schadet Israel. Aber es schadet auch den Palästinensern, die ihre Kinder zu etwas Besserem als zum Steinewerfen erziehen sollten. Es wird erst dann Frieden zwischen unseren beiden Völkern geben können, wenn die Palästinenser, von der arabischen Welt seit den fünfziger Jahren finanziert, aufgehetzt, und ausgenutzt, endlich einsehen, dass ihre Mission in unserer Region nicht darin besteht, uns ins Meer zu treiben. Eines Tages wird es soweit sein, vielleicht schon bald. Bis dahin jedoch dürfen wir keinen Zollbreit nachgeben, müssen unsere Soldaten steinewerfenden Kindern in Gaza nachlaufen, Terroristen ausweisen, und Provokateure im Zaum halten, so, als wären wir genauso stark und entschlossen wie unsere Feinde.
- (...)
- Ich will damit sagen, dass wir Holocaustüberlebenden keine netten Schöngeister sein sollten, daß uns die Opfer aus unseren Reihen mehr am Herzen liegen müssen als die Mörder der Terrororganisationen, ganz egal, was ihre Motivation auch gewesen sein mag. Ich gebe zu, kein Liberaler zu sein, sondern ein Mensch, der auch nach Einbruch der Dunkelheit noch gerne auf den Straßen spazieren geht und nicht unbedingt der Meinung ist, daß seine Kinder Drogen nehmen müssen, weil das eben der Preis für die Demokratie sei, da man Drogenhändler nicht lebenslänglich einsperren darf.
Ein Anti-Liberaler wie ich behauptet, daß wir ins Land unserer Väter zurückgekehrt sind, um die Probleme des verfolgten jüdischen Volkes zu lösen, nicht die der 21 arabischen Staaten.