Wir sprachen mit ihm über sein Leben, die Wurzeln seines Humors und seine Liebe zu Israel
Herr Kishon, als Sie 50 waren, haben Sie sich einen Herzinfarkt zur rechten Zeit
gewünscht. Wie sehen
Sie das heute?
Kishon: Ich hatte inzwischen schon einen Infarkt, allerdings nur einen kleinen, unsymptomatischen. Ich bin für mein Alter gesund. Ich gehe regelmäßig schwimmen. In meiner Jugend in Budapest war ich eine Nachwuchshoffnung im Schmetterlingsstil, solange uns Juden erlaubt war, die Badeanstalten zu besuchen. Als die Verfolgungen unter den Nazis einsetzten, konnte ich mich nicht mehr im Schwimmen, sondern nur noch im Laufen und Verstecken üben.
Was wünschen Sie sich zum 80. Geburtstag?
Einmal hatte ich einen Nierenstein, den ich Albert nannte. Als ich ihn hatte, wusste ich, was die wichtigste Sache im Leben ist: Keinen Nierenstein haben.
Jetzt mal im Ernst...
Das ist mein Ernst! Alle Welt fragt mich zurzeit wegen dieser absurden Geburtstagsfeier - als wäre es ein großes Kunstwerk, dass ich 80 geworden bin. Ich möchte nur gesund und reich sein. Wenn ich zwischen literarischem Ruhm nach meinem Tode und billigem Erfolg zu Lebzeiten wählen könnte, entschiede ich mich leichten Herzens für Letzteres.
Können sich Ihre deutschen Leser über eine neue Veröffentlichung freuen?
Ach, wissen Sie, ein Buch ist eine Ware, die man verkaufen muss. Ich müsste wieder Interviews geben und mich dem Fernsehen stellen. Die Werbung wird ja leider immer wichtiger. Ich denke, der 2003 in Deutschland erschienene Roman »Der Glückspilz« ist mein letztes Buch. Außerdem ist in Israel so viel in Bewegung, dass ich ständig darüber zu schreiben habe und so ständig beschäftigt bin. Das können Sie sich gar nicht vorstellen!
Oh doch, bei uns wird sehr viel über Israel berichtet!
Aus den Medien bekommen Sie ein ganz falsches Bild. Sie könnten annehmen, dass wir wie im Luftschutzkeller leben. Das ist ein falscher Eindruck. Wenn Sie nachts um drei Uhr in Tel Aviv auf die Straßen gehen, herrscht regelrechter Stau. Sie haben Mühe, einen Platz im Restaurant zu finden. Wir leben in großer Spannung, wie im Kriegszustand, aber das tun wir schon seit ungefähr 25 Jahren. Allmählich gewöhnt man sich daran, etwa so wie Sie in Deutschland an Verkehrsunfälle gewöhnt sind. Wir tun unser Bestes, um aus dieser scheinbar aussichtslosen Situation herauszukommen, um Frieden mit den Palästinensern zu erreichen.
Warum, glauben Sie, ist das bisher noch nicht gelungen?
Die Palästinenser könnten seit Oslo (1993 und 1995 wurden in Oslo Abkommen unterzeichnet, die unter anderem die palästinensische Selbstverwaltung und den israelischen Truppenabzug regeln sollten) mit uns Frieden haben. Sie könnten ihre Kinder in die Schule schicken, Häuser bauen, Kulturinstitute errichten. Leider haben sie keinen Mandela, sondern einen Arafat, der keinen Frieden will. Der Alptraum dieses alten Mannes ist ein palästinensischer Staat, denn dann würde all die Korruption aufgedeckt und mit seiner Macht wäre es zu Ende.
Sie gelten als Patriot, der Kritik an seinem Land nicht sonderlich mag.
Ich bin oft gefragt worden, warum ich Israel so liebe. Israel ist der einzige Staat auf der Welt, wo ich kein Jude bin. Ich bin sehr glücklich, dass ich zu der ersten jüdischen Generation seit 2000 Jahren gehöre, die keine verfolgte und verachtete Minderheit sind, sondern stolze Bürger eines wunderbaren Landes. Das sollte man mir nicht als Chauvinismus auslegen. Mir geht es um Frieden und Sicherheit für den Staat, in dem die Überlebenden des Holocausts Zuflucht gefunden haben.
Sehen Sie, als Jugendlicher sprach und träumte ich ungarisch, mein Judentum war für mich nebensächlich. Ich war ein ungarischer Patriot, bis mich die ungarischen Nazis gewaltsam vom Gegenteil überzeugten. Der Antisemitismus ist für mich ein zentrales Problem. Darauf bin ich im Zweiten Weltkrieg und der Nazizeit, auf dem Todesmarsch ins Vernichtungslager gestoßen worden. Heute habe ich kapituliert, ich habe den Kampf gegen den Antisemitismus aufgegeben. Er ist eine pathologische Krankheit in Europa.
Ist es für Sie eine Genugtuung, dass Sie gerade in Deutschland ein so großes und treues Publikum haben?
Ja, dass die Enkelkinder unserer Henker in meinen Signierstunden Schlange stehen, ist mir eine Genugtuung - für den Naziterror, für die Bücherverbrennungen, für Goebbels. Aber inzwischen lebt eine dritte Generation in Deutschland, und ich habe viele deutsche Freunde. Ich hege Hass und Verachtung für die Nazis, aber nicht für ihre Enkel. Es gibt keine kollektive Schuld, es gibt nur kollektive Schande. Ob der Einzelne wirklich Schande empfindet, ist seine Privatsache.
Die beste Ehefrau von allen, Ihre Kinder, Freund Jossele oder die Nachbarn Selig sind einer weltweiten Lesergemeinde vertraut...
Stellen Sie sich vor, ich bin zum Beispiel in Korea sehr populär. Dort ist von mir »Picassos süße Rache« - meine Abrechnung mit der modernen Kunst - ein Renner. Ich begreife das nicht. Mag sein, dass es daran liegt, dass sich meine Bücher mit ewigen Fragen beschäftigen. Kanzler kommen, Kanzler gehen, aber die Hunde bleiben, die Brille bleibt und die Kinder bleiben. Aber was war eigentlich Ihre Frage? Verzeihen Sie, manchmal machen meine Gedanken Seitensprünge.
Ist Ihnen der Humor in die Wiege gelegt?
Nein, Pavarottis Vater war ja auch nicht Sänger, sondern Bäcker. Es kommt nicht aus den Genen. Meine Vorfahren waren weltberühmte Rabbiner. Mein Ururgroßvater kannte den Talmud auswendig, der so lang ist wie die Encyclopedia britannica. Er galt als Wunderrabbi, vergleichbar mit dem Papst bei den Katholiken, aber Humor hatte er nicht. Es ist eine mysteriöse Sache, wie etwa bei den Leuten, die das absolute Gehör haben. Ich bin wie Albert Einstein.
Inwiefern?
Er hat mal sinngemäß gesagt: Je tiefer ich in die Geheimnisse des Universums eindringe, desto klarer wird mir, dass ich keine Ahnung habe. Er war ein ziemlich ernster Kerl, aber er hatte auch Humor. Humor und Wahrheit sind Brüder. Auch ich nehme alles nicht so ernst.
Haben Sie eine Erklärung für Ihren einzigartigen Erfolg!
Schauen Sie, mein großer Welterfolg ist ein Zufall. Ich bin nicht so dumm, dass
ich glaube, ich sei so großartig. Und wenn, dann gibt es viele, die so großartig
sind wie ich, nur dass sie keine 43 Millionen Bücher verkauft haben, sondern nur
820. Nein, es ist etwas Unverständliches daran, nennen Sie es Glück. Mein
größter Erfolg sind die »Besten Familiengeschichten«, die ich vor mehr als 40
Jahren geschrieben habe. Nach dem Befinden der Kritiker ist es nach der Bibel
das meistgelesene hebräische Buch. Ich halte mich nur für einen recht begabten
Glückspilz. Wissen Sie, ich nehme auch mich selbst nicht so ernst.
Konnten Sie das schon immer?
Nein, ehrlich gesagt, bin ich erst auf den letzten Schritten zu meinem
biblischen Alter weise geworden. In einem Alter, wo andere schon senil sind,
habe ich Lebensweisheit und kann sie auch ausdrücken. Der Mensch schätzt immer
nur, was er nicht hat. Auch in der Ehe ist es so, man kann die Frau nicht
ertragen, bis sie weggeht, dann entdeckt man den Verlust.
Meine Frau Sara, die beste Ehefrau von allen, mit der ich 44 Jahre lang
verheiratet war, ist leider an einer schrecklichen Krankheit gestorben. Im
vergangenen Jahr habe ich die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek
geheiratet. Diese Frau, die ich sehr liebe, ist 33 Jahre jünger als ich. Ich
habe nicht das kleinste schlechte Gewissen, dass ich wieder geheiratet habe und
mir erlaubte, wieder glücklich zu sein. Um solche Liebe zu erleben, muss man
viel Glück haben.
Sind Sie ein lustiger Mensch, lachen Sie mehr als andere?
Ich lache, wenn ich Grund dazu habe. Es ist ein riesiger Irrtum, dass Leute, die
humorvoll schreiben können, selbst ununterbrochen Witze reißen. Ich bin ein ganz
normaler Mensch. Ich kannte zum Beispiel den Klaviervirtuosen Arthur Rubinstein
sehr gut. Wenn er ans Klavier trat, wurde er ein Genius. Wenn er aufstand, war
er einfach ein netter Kerl.
Was halten Sie von den Ostdeutschen?
Ich habe eine Schwäche für die Menschen aus der ehemaligen DDR. Sie
sind, oder sollte ich sagen, sie waren menschlicher als die Westdeutschen. Das
DDR-Publikum war ein warmes, menschliches Publikum. Ich weiß, dass das
DDR-System ein ziemlich unerträgliches System war. Aber in jeder Ecke war ein
Buch, Literatur war eine wichtige Sache, und ein Schriftsteller war eine
wichtige Person. Heute ist an jeder Ecke ein Pornogeschäft.
Die tschechische Nation versteht als einzige die Israelis
Am 29. Januar 2005 starb der aus Ungarn stammende israelische Schriftsteller
Ephraim Kishon im Alter von 80 Jahren in Appenzell (Schweiz) an einem
Herzinfarkt. Sein Lebenswerk umfasst über fünfzig Bücher, die in 37 Sprachen
übersetzt wurden und in einer Weltauflage von mehr als 43 Millionen erschienen
sind. Auch in tschechischer Sprache liegen 22 Titel Kishons vor. Zuletzt
erschien auf Tschechisch im »Verlag Nakladatelství Lidové noviny« in der
Übersetzung aus dem Deutschen der Roman »Der Fuchs im Hühnerstall« (Liška v
kurníku) im Herbst 2004.
Anlässlich der Übersetzung von »Nichts zu lachen« (Nebylo čemu se smát) - die
Erinnerungen des Autors an das 20. Jahrhundert gab auch der Verlag »Nakladatelství
Lidové noviny« heraus - folgte er im Frühling 2003 der Einladung der
tschechischen Tageszeitung »Lidové noviny« ans Goethe-Institut nach Prag und zur
Prager Buchmesse »Svět knihy«. Es sollte sein letzter Besuch in der
tschechischen Hauptstadt sein.
Kishon hatte zur Tschechoslowakei eine besondere Beziehung. In seinem Buch
»Undank ist der Welten Lohn« (Nevděk světem vládne), das sich mit dem Ende des
Kommunismus auseinander setzt, ist ein Teil der Tschechoslowakei gewidmet.
Kishon selbst sagte 1991 darüber: Ich schrieb ein humoristisches Buch über eine
Zeit, in der es keinen Humor gab. Es ist eine Art chronologische Übersicht über
den Stalinismus. Ein großer Teil ist der Tschechoslowakei gewidmet - der
gesetzeswidrigen Besetzung des Landes. Ich glaube, dass Israel das einzige Land
ist, das die Tschechoslowakei verstehen kann und umgekehrt die tschechische
Nation als einzige die Israelis versteht.
Vor der »Samtenen Revolution« im November 1989 wurden in der Tschecholowakei
keine Bücher von Ephraim Kishon verlegt. Einzig im Exil-Verlag »Konfrontace«
(Zürich) erschienen zu Zeiten des Eisernen Vorhanges zwei seiner Bände in
tschechischer Sprache.
In Tschechien ist Ephraim Kishon heute nicht nur mit seinen Büchern erfolgreich.
Auch seine Theaterstücke (insgesamt schrieb er 35, unter diesen 25 Einakter)
stehen bei tschechischen Bühnen auf dem Spielplan. Beispielsweise im Prager
Theater Rokoko und im Pardubicer Theater (Ostböhmen).
Am Vormittag war der in eine israelische Flagge gehüllte und mit Blumen geschmückte Sarg im Journalistenhaus Bet Sokolov in Tel Aviv aufgebahrt worden. Mehrere israelische Politiker, darunter die Bildungsministerin Limor Livnat, sowie Künstler und alte Freunde bezeugten den Angehörigen ihr Beileid.
Der für seinen Humor und seine Selbstironie berühmte Holocaust-Überlebende aus
Ungarn hat mehr als 50 Bücher geschrieben, in denen er den Alltag in Israel und
die menschlichen Schwächen aufs Korn nahm. Im Herzen der Stadt, die er liebte,
sei der Erfolsautor begraben worden, sagte sein ältester Sohn Rafi.
Mit einem Lächeln verwies er darauf, dass das Grab des in Budapest geborenen
Kishon nur ein paar hundert Meter von einem ungarischen Restaurant (Kischpipa,
Kleine Pfeife) entfernt liegt, das die Familie früher fast jeden Samstag besucht
habe. Ich hoffe, das gefällt ihm.
Immer wieder verwiesen Freunde und
Angehörige darauf, wie sehr den bei Lesern weltweit beliebten Kishon die
mangelnde Anerkennung der Kritiker in Israel kränkte.
Schwarzes Loch
In Ephraims Seele klaffte ein schwarzes Loch
, sagte sein alter Wegbegleiter,
der ehemalige Justizminister Josef Lapid. Er konnte einfach nicht glauben, dass
er wirklich geliebt wird. Es sei deshalb sehr schade, dass Kishon die tiefen
Liebes- und Respektbezeugungen der letzten Tage nicht mehr habe miterleben
können. Mit dem berühmten Satiriker werde ein wichtiges Kapitel der israelischen
Kultur und die Behörde für den israelischen Humor zu Grabe getragen.
Im Beisein seiner drei Kinder und seiner österreichischen Ehefrau, der
Autorin Lisa Witasek, wurde Kishon auf dem Trumpeldor-Friedhof im Stadtzentrum
beigesetzt - an der Seite seiner 2002 verstorbenen Ehefrau Sara (»Die beste
Ehefrau der Welt«).
Der Bestsellerautor, der für ein Millionenpublikum schrieb, war am Samstag im
Alter von 80 Jahren an seinem Zweitwohnsitz in Appenzell IA an einem Herzinfarkt
gestorben.
Am Vormittag war der in eine israelische Flagge gehüllte und mit Blumen
geschmückte Sarg im Journalistenhaus Bet Sokolov in Tel Aviv aufgebahrt worden.
Mehrere israelische Politiker, darunter die Bildungsministerin Limor Livnat,
sowie Künstler und alte Freunde bezeugten den Angehörigen ihr Beileid.
Der für seinen Humor und seine Selbstironie berühmte Holocaust-Überlebende aus
Ungarn hat mehr als 50 Bücher geschrieben, in denen er den Alltag in Israel und
die menschlichen Schwächen aufs Korn nahm.
Im Herzen der Stadt, die er liebte
sei der Erfolsautor begraben worden, sagte
sein ältester Sohn Rafi. Mit einem Lächeln verwies er darauf, dass das Grab des
in Budapest geborenen Kishon nur ein paar hundert Meter von einem ungarischen
Restaurant (»Kischpipa, Kleine Pfeife«) entfernt liegt, das die Familie früher
fast jeden Samstag besucht habe. Ich hoffe, das gefällt ihm.
Immer wieder verwiesen Freunde und Angehörige darauf, wie sehr den bei Lesern
weltweit beliebten Kishon die mangelnde Anerkennung der Kritiker in Israel
kränkte. In Ephraims Seele klaffte ein schwarzes Loch
, sagte sein alter
Wegbegleiter, der ehemalige Justizminister Josef Lapid.
Er konnte einfach nicht glauben, dass er wirklich geliebt wird.
Es sei deshalb
sehr schade, dass Kishon die tiefen Liebes- und Respektbezeugungen der letzten
Tage nicht mehr habe miterleben können. Mit dem berühmten Satiriker werde ein
wichtiges Kapitel der israelischen Kultur
und die Behörde für den
israelischen Humor
zu Grabe getragen.
Keystone
Jerusalem, 30. Januar 2005 - Efraim Kischon, 79, ist tot, an einem Herzinfarkt
in seiner Wohnung in Appenzell in der Schweiz gestorben. Kischon wurde in
Budapest in Ungarn geboren. Seinen kräftigen ungarischen Akzent hat er bis
zuletzt gepflegt. Vielleicht war er auch deshalb in Israel nicht gut gelitten.
Kischon konnte aus dem Konzentrationslager Sobibor fliehen. Auch seine Familie
überlebte ungeschoren den Holocaust. 1949 gelangte er nach Israel, wo er
zunächst zwei Jahre lang im Kibbuz Kfar Hachoresch lebte und Schlosser war, ehe
er nach Tel Aviv übersiedelte und eine wöchentliche Kolumne für die Abendzeitung
Maariv schrieb.
Wie kein anderer traf er mit seinen Satiren die Schwächen und Verrücktheiten der
Israelis. Daraus wurden schließlich über 50 Bücher, ins Deutsche übersetzt durch
den Wiener Literaten Friedrich Torberg. Seine Bücher in einer weltweiten Auflage
von 43 Millionen prägten das Bild Israels als etwas verrücktes Land. Kischon war
auch Filmregisseur, etwa des Blaumilchkanals. Fast hätte er eine Nominierung für
den Oskar erhalten. Der israelische Rundfunk bezeichnete ihn als den größten
aller israelischen Schriftsteller, obgleich er in Israel, anders als in
Deutschland, wenig populär war wegen seiner rechtsgerichteten Ansichten. Kischon,
eitel und hochnäsig bei persönlichen Begegnungen, sagte einmal über sich selbst:
Ich glaube, dass ich den Leuten auch persönlich unsympathisch bin.
In Israel
nahm man ihm durchaus übel, in die Schweiz ausgewandert zu sein und nur noch
sporadisch Tel Aviv aufgesucht zu haben.
Kischons Satiren wurden in 37 Sprachen übersetzt. Doch seinen größten Erfolg
hatte er dank seinem Wiener Übersetzer Friedrich Torberg. In den
deutschsprachigen Ländern hatte er so seinen größten Erfolg. Dank der
Millionenauflage seiner Bücher weltweit gilt er als der erfolgreichste
Schriftsteller Israels und als der meistgelesene Satiriker der Welt. Im Jahr
2002 wurde er sogar für den Literatur-Nobelpreis nominiert. Unzählige Preise
erhielt der Regisseur, Schriftsteller, Buchautor und Satiriker. Doch eine seiner
wichtigsten Auszeichnungen erhielt er ausgerechnet in Bodenwerder bei Hameln: im
Jahr 2001 wurde er mit dem Münchhausen-Preis ausgezeichnet. Die Tradition des
Lügenbarons hat er wie kein Anderer gepflegt.
Der erfolgreiche Autor wurde 1924 in Budapest unter dem Namen Ferenc Hoffmann als Sohn eines Bankdirektors geboren. Er studierte in seiner Heimatstadt Kunstgeschichte und Bildhauerei und litt als Jugendlicher unter dem ungarischen Antisemitismus. Während des Zweiten Weltkriegs und danach überlebte er deutsche, ungarische und russische Arbeitslager.
1949 floh Kishon mit seiner Familie aus dem kommunistischen Ungarn nach Israel und arbeitete dort zunächst im Kibbuz Kfar Choresch als Schlosser. Er zog dann nach Tel Aviv, wo er bis zu seinem Umzug in die Schweiz lebte und schrieb. Mit großer Energie erlernte er die hebräische Sprache, in der er seine Werke seither verfasst. Seinen starken ungarischen Akzent hat er allerdings nie ganz abgelegt.
Die großen Kämpfe seines Lebens habe er verloren, meinte Ephraim Kishon am
Ende resigniert. Der Antisemitismus sei nicht besiegt. Und die moderne Kunst
habe sich durchgesetzt. Beide Phänomene hatte er bezwingen wollen, indem er sie
lächerlich machte.
Der stolze, im Gespräch zuweilen hochfahrende Israeli mit dem kämpferischen
Patriotismus eines Mannes, der sich sein Vaterland bitter hat erkämpfen müssen,
war der erfolgreichste Humorist der Welt. Aber er war kein lustiger Mensch.
Mit seinen Satiren wurde der beinahe von den Nazis Ermordete in den 60er Jahren
zum Lieblingsautor der Deutschen. Dieses Paradox, das er mit genüsslichem
Zynismus quittierte, hat mehrere Ursachen.
Kishon sparte in seinen Geschichten den Holocaust konsequent aus und entlastete
damit die Erinnerung seiner Leser. Die Texte drehen sich um den skurrilen Alltag
in einem winzigen Land, das täglich von neuen Einwanderern aus allen Ecken der
Welt heimgesucht wird. Kulturen prallen zusammen, das kreative Chaos blüht, die
Bürokratie wuchert. Die Menschen setzen Schlitzohrigkeit und Chuzpe dagegen.
Kishons kleine Katastrophen waren trotz aller grotesken Zuspitzung von so großer
Liebe zu den Menschen seiner neuen Heimat geprägt, dass sie es den Deutschen
leicht machten, die Juden zu lieben und sich per Lektüre mit ihnen zu versöhnen.
Keine Frage: Ephraim Kishon hat mehr zur Sympathie der Nachkriegs-Deutschen
gegenüber Israel beigetragen als alle Politik.
Zumal er unter dem Mantel des typisch Israelischen zumeist das allgemein
Menschliche hervorschimmern ließ. Seine Figuren mit ihren Macken und Meisen, mit
ihren Ticks und Tricks, mit ihren Erziehungs- und Eheproblemen könnten auch
unsere Nachbarn sein - zumal in der kongenialen Übersetzung des Österreichers
Friedrich Torberg.
Sprichwörtlich wurde die »beste Ehefrau der Welt«. Und Kishons stärkste
literarische Figur war wohl Freund Jossele, ein philosophierender Nichtsnutz und
abgründiger Caféhaus-Apokalyptiker.
Kishons Domäne freilich war die kurze Form. Die Skizze einer Alltags-Situation,
die sich grotesk ins Katastrophische steigert. Da ist er knapp, präzise in der
Atmosphäre und sicher in der Pointe. Die alten Geschichten sind bis heute ein
Lesevergnügen.
Wenn er seine Ideen zu Romanen dehnte, verloren sie rasch an Zunder. Das ist
schon an der Novelle »Der Blaumilchkanal« zu merken. Die Geschichte des
verwirrten Herrn Blaumilch, der per Presslufthammer die Prachtstraßen der
Hauptstadt aufschlitzt, gerät zur erschöpfenden Bürokratie-Satire.
In dem Anti-Antisemitismus-Roman »Mein Kamm« treibt Kishon eine simple Symbolik
zu Tode: Alle Glatzköpfe werden plötzlich verfolgt. Dabei wäre die Pointe in den
galligen Witz zu fassen: Warum ausgerechnet Glatzköpfe?
Warum ausgerechnet
Juden?
Sein Theaterstück »Zieh den Stecker raus, Schatz, das Wasser kocht« über, oder
besser: gegen die moderne Kunst blieb im Ressentiment stecken.
So war der unglaublich produktive und erfolgreiche Autor letztlich auch ein
gescheiterter Autor.
Ephraim Kishon hat wie kein anderer nach dem Dritten Reich die jüdische Kultur
wieder zurück nach Deutschland gebracht. Der Mann, dessen engste Familie zwar
den Holocaust überlebte, der jedoch auch von KZ und Nazi-Verfolgung geprägt
wurde, war in Deutschland beliebter als jeder andere jüdische Künstler. Ihn
freute es, dass die Kinder seiner Henker
ihn so verehrten.
Kulturstaatsministerin Christina Weiss nannte Kishon einen Philosophen, der
Entwicklungshelfer
gewesen sei und den Deutschen half, ihre antisemitischen
Verblendungen zu überwinden.
Er habe die Deutschen gelehrt, wieder mit den
Juden zu lachen. Kishons langjähriger Verlag »Langen Müller Herbig« würdigte den
Schriftsteller als einmalige Schriftstellerpersönlichkeit. Noch vor Kurzem habe
er sein neues Buch »Kishon für Österreicher - und alle, die es gerne wären«
fertiggestellt und für den Druck freigegeben.
Als Hoffmann Ferenc wurde Kishon am 23. August 1924 in Budapest geboren. 1944 ins polnische KZ Sobibor verschleppt,
konnte der junge Mann fliehen und überlebte als Nichtjude getarnt. Zunächst machte er eine Lehre als Goldschmied,
studierte später Kunstgeschichte und Bildhauerei.
1945 feierte Kishon erste Erfolge mit Theaterstücken und Satiren. Schon zwei
Jahre später bekam er mit »Mein Kamm« den 1. Preis des ungarischen
Romanwettbewerbs. 1949 floh er vor den Kommunisten nach Israel. Erst nach seiner
Flucht nahm er den Namen Ephraim Kishon an.
Über 40 Jahre war er mit Sara verheiratet, bis »die beste Ehefrau von allen«
starb. Die beiden haben drei Kinder Raphael, Amir und Renana und fünf Enkel.
Anfang 2003 heiratete er erneut die österreichische Schriftstellerin Lisa
Witasek.
Ephraim Kishon verstarb am 29. Januar 2005 im Alter von 80 Jahren.
Seine Bücher wurden 43 Millionen Mal verkauft, davon allein über 31 Millionen in
deutscher Sprache und insgesamt in 37 Sprachen übersetzt. Angeblich ist Kishons
»Familiengeschichten« das meistverkaufte hebräische Buch nach der Bibel.
Laut Kishons Sohn Rafi hätten ihn die Erfolge in Deutschland besonders viel
bedeutet. Der Spiegel Online schreibt dazu, es sei für ihn ein besonderes
Gefühl gewesen, dass die Kinder seiner Henker jetzt seine Bewunderer seien
.
1978 wurde ihm der »Orden wider den tierischen Ernst« verliehen, gab ihn
allerdings nach einem Streit mit Ordensträger Norbert Blüm über die
Israelpolitik gegenüber den Palästinensern wieder zurück. 1984 nahm Kishon den
Karl-Valentin-Orden entgegen und 2003 erhielt er den Israel-Preis, die höchste
Auszeichnung des israelischen Staates, für sein Lebenswerk.
1981 zog Kishon nach Appenzell in die Schweiz, wo er seitdem ständig lebte. Am
Dienstag wird Kishon in Israel beigesetzt.
Erschienen am: 31.01.2005
Kein Schriftsteller schreibt gerne
meinte Kishon. Frage man eine Frau, ob das
Gebären ein Vergnügen sei, dann sage sie: Das Baby ja, aber die Geburt doch
nicht!
Mit dem Schreiben sei es dasselbe.
Doch konnte sich Kishon offenbar überwinden und so traten seine Bücher ihren
Siegeszug in 33 Ländern an. Als Ironie des Schicksals empfand er dabei, dass
seine Geschichten besonders in Deutschland so gut ankamen.
Der Erfolg hatte für ihn auch praktischen Nutzen - schließlich lernte er aus den
Übersetzungen seiner Bücher deutsch - der einfachste Weg, eine Sprache zu
lernen
.
Seinen ungarischen Akzent wurde er allerdings nie los - ich schreibe Hebräisch
wie der Prophet Jeremias, aber kaum öffne ich den Mund, ist schon alles vorbei.
In Israel hatte er oft das Gefühl, nicht genügend geschätzt zu werden. Dennoch
sah sich Kishon mit Israel verheiratet und welche Beziehung sei schon perfekt ?
... schließlich betrüge er es auch mit Appenzell. In seinem Schweiz Asyl, wie er
es bezeichnete, hatte er in den letzten Jahren eine neue Heimat gefunden.
Seiner zweite Ehefrau, Sara, setzte er als »besten Ehefrau von allen« ein
literarisches Denkmal. Dennoch kam er zum Schluss, dass die zwei größten
Fiaskos der Gesellschaft Steuer und Ehe seien
. Die Revanche folgte mit dem Buch
»Geliebter Lügner«
2002 starb Sara Kishon. Ein gutes Jahr später heiratete der Bestseller-Autor
Schriftstellerin Lisa Witasek, Österreicherin wie seine erste Ehefrau, Eva
Klamer.
Gegenüber der Presse war er zurückhaltend. Es gebe nur zwei Möglichkeiten, so
Kishon. Entweder man schweigt, oder man hält den Mund. Er selbst ziehe die
dritte Lösung vor - er spreche über nichts.
Sich selber wollte er nie loben. Ich bin kein Schriftsteller, ich bin nur
Humorist
, sagte Kishon von sich. Erst wenn man stirbt, wird man
Schriftsteller
. Es sei erlaubt, ihn nun zu den Großen dieser Gattung zu zählen.
n-tv
Jemand hat mich gern da oben
Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke. Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch heute nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.
Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Er schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.
Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ geltende Schriftsteller spießte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie auf, politische Themen aber vermied er meist.
Der Schriftsteller arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten
Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Kishon hat Theaterstücke verfasst und
Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht
ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben
, fügte er hinzu.
Tatsächlich war nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette davon nötig,
damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm
beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant
ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil der Familie Kishons
kam in den Gaskammern von Auschwitz um.
Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den
Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein
Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont
zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf
Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung
Gibt es nicht
durch Ephraim.
Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, dass er gerade in Deutschland so
beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in
meinen Lesungen Schlange stehen
, sagte er. Den jungen Deutschen gegenüber
empfand er keinen Hass. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive
Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.
Am Beispiel seiner Lieblingsgeschichten in »Beinahe die Wahrheit. Die Geschichte
meiner Geschichten« gab der Satiriker Einblick in sein Schreiben und seine
Inspirationen. Das 1961 in Deutschland erschienene »Drehn Sie sich um, Frau
Lot!«, in dem er die Probleme nicht nur des israelischen Alltags aufspießte,
wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es folgten Bestseller wie »Kein Öl, Moses?«
(1974), »Paradies neu zu vermieten« (1979) oder »Kishons beste
Autofahrergeschichten« (1985).
Zu Kishons 80. Geburtstag im vergangenen Jahr erschien in seinem deutschen
Verlag Langen Müller ein Sammelband mit seinen Prosaarbeiten, »Alle Romane«. Es
enthält seinen ersten Roman »Mein Kamm«, mit dem er nach dem Krieg einen
landesweiten ungarischen Romanwettbewerb gewonnen hatte. Es ist seine Abrechnung
mit dem Nationalsozialismus und Rassismus. »Der Fuchs im Hühnerstall« (1969)
erzählt die Geschichte eines Politikers, der ein Dorf umkrempeln will. »Der
Glückspilz« (2003) ist eine Satire auf die moderne Mediengesellschaft.
N-tv.de Sonntag
30. Januar 2005
Mit 80 Jahren ist am Samstag der israelische Schriftsteller Ephraim Kishon im schweizerischen Appenzell verstorben. Der Autor galt mit einer weltweiten Auflage von 43 Millionen Büchern als einer der meistgelesenen Satiriker überhaupt.
Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Israelische Medien berichteten in der
Nacht zum Sonntag, er sei am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach
einer Herzattacke gestorben. Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der
Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die
Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.
Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Er
schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite
Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in
deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte
hebräische Buch der Welt nach der Bibel.
Familiengeschichten waren es auch, die Kishon in Deutschland bekannt und
erfolgreich machten: Insbesondere seine vermeintlichen Alltagsgeschichten, in
denen er sich und seine Familie oft und gern auf den Arm nahm, wurden hier zu
Lande zur Erstbegegnung ungezählter Menschen mit dem Genre der Satire. In seinen
jungen tagen wirkte Kishon zudem als Regisseur, auch das nicht ohne Erfolg: 1964
wurde sein Film »Salah Shabati« für einen Oscar nominiert.
Schon in den 50er Jahren schaffte Kishon mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal«
den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die
Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ
geltende Schriftsteller spießte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei
um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie, aber politische
Themen vermied er meist.
Der Schriftsteller arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten
Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Kishon hat Theaterstücke verfasst und
Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht
ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben
, fügte er hinzu.
Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.
Tatsächlich war nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern
nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So
half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der
Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner
Familie wurde von den Nazis in den Gaskammern von Auschwitz ermordet.
Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann ein Flüchtlingsschiff nach Israel.
Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen
von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der
Mann mit der lakonischen Bemerkung Gibt es nicht
durch Ephraim. Er sei 1924 geboren worden, beschrieb
Kishon seine persönliche Geschichte einmal, und 1949 in Israel wiedergeboren
.
Als Ironie der Geschichte empfand es Kishon, dass er gerade in Deutschland so
beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in
meinen Lesungen Schlange stehen
, hat er einmal gesagt. Den jungen Deutschen
gegenüber empfand er keinen Hass. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur
kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.
SpiegelOnline
30. Januar 2005
Ephraim Kishon ist tot. Der vor allem im deutschsprachigen Raum überaus
erfolgreiche Satiriker starb am Samstag in Appenzell. Kishon wurde 80 Jahre alt.
Der beissende Humor des in Ungarn geborenen jüdischen Schriftstellers lebt in
seinem Werk weiter. (ap) «Ephraim Kishon war zweifellos einer der bedeutendsten
Künstler der israelischen Kultur», sagte Israels Staatspräsident Mosche Katzav
am Sonntag im israelischen Radio. Keiner habe so wie er den Prozess der
Eingliederung von Einwanderern in die israelische Gesellschaft zum Ausdruck
bringen können.
Trotz seiner europäischen Herkunft zeichnete Kishon in seinen Romanen und
Erzählungen in kongenialer Präzision die Charaktere und Gedankenwelt der
jüdischen Einwanderer aus Nordafrika nach.
Zu Israel aber habe Kishon immer ein ambivalentes Verhältnis gehabt, sagte am
Sonntag sein Sohn Rafi. So habe er die Gründung des jüdischen Staates zwar als
grösstes Wunder des 20. Jahrhunderts betrachtet. Von den Intellektuellen und
Kritikern in Israel habe er sich aber oft ungerecht behandelt gefühlt.
Gleichwohl habe sein Vater weiter auf Hebräisch geschrieben und Israel von der
Schweiz aus immer wieder besucht.
Die Erfolge in Deutschland freuten Kishon besonders. Er sagte, es sei ein
besonderes Gefühl, dass die Kinder seiner Henker jetzt seine Bewunderer seien,
sagte Rafi Kishon.
Kishon wurde am 23. August 1924 unter dem Namen Ferenc Hoffmann in Budapest
geboren und im Zweiten Weltkrieg von den Nazis nach Polen deportiert. In einem
Konzentrationslager stellte ihn ein Wachmann mit anderen Juden in eine Reihe auf
und erschoss zehn Häftlinge - Kishon aber überging er. Sie machten einen
Fehler, sie liessen einen Satiriker am Leben
, schrieb Kishon später.
Im letzten Kriegsjahr 1945 gelang ihm auf dem Weg ins Vernichtungslager Sobibor
die Flucht. 1949 siedelte er von Ungarn nach Israel über, wo er seinen neuen
Namen annahm. Später lebte er in der Schweiz, was ihm in Israel Kritik eintrug.
Nachdem Kishon in Budapest Kunstgeschichte und Bildhauerei studiert hatte,
schrieb er in Israel zunächst satirische Glossen für die Tageszeitung »Maariv«.
Mit Beginn der 60er Jahre gab er eine Vielzahl von Satiren und Erzählbänden
heraus. Am bekanntesten wurden »Dreh'n Sie sich um, Frau Lot« (1962), »Arche
Noah, Touristenklasse« (1963) und »Wie unfair, David« (1967).
Sein Werk von mehr als 50 Büchern wurde in mehr als 34 Sprachen übersetzt. Im deutschen Sprachraum erreichten seine Bücher eine Millionenauflage. Ausserdem schrieb er Drehbücher für Filme wie »Salah Schabati«. In Deutschland erhielt Kishon 1978 den Orden wider den tierischen Ernst und 1984 den Karl-Valentin-Orden. 2003 bekam er für sein Lebenswerk die höchste Auszeichnung des israelischen Staates, den Israel-Preis. Kishon hinterlässt seine dritte Frau Lisa und drei erwachsene Kinder. Die Beisetzung findet in Israel statt.
NZZ Online
30. Januar 2005
HB BERLIN: Der israelische Schriftsteller Ephraim Kishon ist im Alter von 80 Jahren am Samstag in der Schweiz gestorben. Die Polizei im schweizerischen Appenzell Innerrhoden bestätigte am Sonntagmorgen israelische Presseberichte, wonach der Autor in seiner Schweizer Wahlheimat Appenzell einem Herzanfall erlag.
Kishon soll am Dienstag in Tel Aviv beigesetzt werden. Die Appenzeller Polizei geht den Angaben zufolge davon aus, dass er noch am Sonntag nach Israel überführt wird. Wie Medien in Israel melden, soll der Leichnam Kishons noch am Wochenende nach Israel geflogen und anschließend in Tel Aviv beerdigt werden.
Kishon, als Ferenc Hoffmann am 24. August 1924 in Budapest geboren, hatte seine
größten Erfolge in den Sechziger- und Siebzigerjahren mit Komödien, satirischen
Kurzgeschichten und Romanen aus dem israelischen Alltag und seinem Familienleben
mit der »besten Ehefrau von allen«.
Kishon konnte nach seinem 1941 mit Bestnote bestandenen Abitur wegen
antisemitischer Gesetze nicht studieren, sondern musste eine Goldschmiedlehre
beginnen. Er verbrachte seine Jugend überwiegend in Arbeitslagern und in
Verstecken auf der Flucht vor den Nazis. Er gab sich als Christ aus, nachdem er
an der polnischen Grenze von einem Gefangenentransport fliehen konnte. So
überlebte er.
Kishon studierte nach Kriegsende in Ungarn Metallbildhauerei und
Kunstgeschichte. Nachdem er mit seiner ersten großen Satire, dem Roman »Mein
Kamm« (über Glatzöpfe) gleich einen Literaturwettbewerb gewonnen hatte, wurde er
Schriftsteller und Journalist.
1949 wanderte Kishon nach seiner Flucht aus Ungarn - er mochte eine
sozialistische Auftragsarbeit nicht schreiben - nach Israel aus, wo er seinen
deutsch-ungarischen Geburtsnamen ablegte. Er schrieb zunächst für ein
ungarisches Blatt, während er sich mit Hilfsjobs durchschlug und Hebräisch
lernte. Er wurde Kolumnist bei der Zeitung »Maariv«, wo er dreißig Jahre lang
täglich eine satirische Glosse schrieb. Die Pianistin Sara, geborene Lipowitz,
die er 1959 heiratete, ist seine zweite Frau, die er als »beste von allen« in
seinen Satiren beschrieb, wie auch seine Kinder. Ebenfalls 1959 wurde die
englische Übersetzung seiner Geschichtensammlung »Drehn Sie sich um, Frau Lot«
von der »New York Times« zum Buch des Monats gewählt. Sein internationaler
Erfolg begann.
Seither sind weltweit rund 700 Titel in 37 Sprachen von Kishon erschienen,
darunter etwa 50 hebräische Originaltitel und rund 70 deutsche Bücher,
überwiegend Übersetzungen der Originalausgaben, dazu Neuerscheinungen älterer
Texte in verschiedenen Zusammenstellungen. Kishon hat weltweit mehr als 43
Millionen Bücher verkauft, die meisten auf Deutsch. Einer seiner Titel,
«Familiengeschichten», gilt als das meistverkaufte hebräische Buch nach der
Bibel.
Kishon kokettierte mit seinem Erfolg, den er vorgab, selbst nicht zu verstehen.
Ich bin kein Schriftsteller, ich bin ein Humorist
, schrieb er einmal: Erst
wenn man stirbt, wird man Schriftsteller.
Weniger bekannt ist Kishons ernste Seite. Eines seiner letzten Bücher war eine
konservativ gefärbte Polemik über den Kunstmarkt und die Manierismen der
zeitgenössischen Kunst. Er war ein starker Anwalt Israels, das er gegen jede
Kritik zu verteidigen pflegte. Nach dem 11. September 2001 trat er entschieden
für den amerikanischen Krieg gegen den Terror ein.
Sein Haus in Appenzell in der Schweiz hatte Kishon 1981 gekauft. Er erlag dort
am Samstag einem Herzanfall.
Handelsblatt.com
Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Israelische Medien berichteten in der Nacht zum Sonntag, er sei am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke gestorben. Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.
Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest
als Ferenc Hoffmann geboren. Er schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen
übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon
allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als
das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.
Der israelische Oppositionschef Josef Lapid sagte »Maariv«, mit Kishon habe
Israel seinen größten Humoristen verloren. Und ich habe meinen besten Freund
verloren
, fügte er hinzu.
Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte Kishon in den 50er Jahren den
literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die
Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ
geltende Schriftsteller spießte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei
um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie, aber politische
Themen vermied er meist.
Der Schriftsteller arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten
Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Kishon hat Theaterstücke verfaßt und
Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht
ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben
, fügte er hinzu.
Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.
Tatsächlich war es nicht
nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern nötig, damit der
ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm
beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant
ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner Familie kam in
den Gaskammern von Auschwitz um.
Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den
Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein
Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont
zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf
Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung Gibt
es nicht
durch Ephraim.
Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, daß er gerade in Deutschland so
beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, daß die Enkel meiner Henker in
meinen Lesungen Schlange stehen
, hat er gesagt. Den jungen Deutschen gegenüber
empfand er keinen Haß. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive
Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.
Am Beispiel seiner Lieblingsgeschichten in »Beinahe die Wahrheit. Die Geschichte
meiner Geschichten« gab der Satiriker Einblick in sein Schreiben und seine
Inspirationen. Das 1961 in Deutschland erschienene »Drehn Sie sich um, Frau
Lot!«, in dem er die Probleme nicht nur des israelischen Alltags aufspießte,
wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es folgten Bestseller wie »Kein Öl, Moses?«
(1974), »Paradies neu zu vermieten« (1979) oder »Kishons beste Autofahrergeschichten« (1985).
Zu Kishons 80. Geburtstag im vergangenen Jahr erschien in seinem deutschen
Verlag Langen Müller ein Sammelband mit seinen Prosaarbeiten, »Alle Romane«. Es
enthält seinen ersten Roman »Mein Kamm«, mit dem er nach dem Krieg einen
landesweiten ungarischen Romanwettbewerb gewonnen hatte. Es ist seine Abrechnung
mit dem Nationalsozialismus und Rassismus. »Der Fuchs im Hühnerstall« (1969)
erzählt die Geschichte eines Politikers, der ein Dorf umkrempeln will. »Der
Glückspilz« (2003) ist eine Satire auf die moderne Mediengesellschaft.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
30. Januar 2005
Selbst seinen eigenen Nachruf hat er gewissermaßen vorausgesehen. Ich gehörte
zu jenen
, so beginnt der Protagonist seines Romans »Mein Kamm«, über die in
Gedenkartikeln später steht, sie wären im Laufe ihres Lebens Schwertschlucker,
Universitätsprofessor, kanadischer Holzfäller, Gitarrenvirtuose und Hundefänger
in Kopenhagen gewesen.
Fast getroffen, möchte man an dieser Stelle sagen. Kishon, geboren am 24. August
1924 als Ferenc Hoffmann in Budapest, studierte Kunstgeschichte und Bildhauerei,
verstand sich auf Kunstschmiedearbeiten, wurde von Ungarn nach Polen deportiert,
überstand deutsche (und sowjetische) Lager.
1949 ging er nach Israel und erlebte, wie er später sagte, eine Neugeburt. Mit
satirischen Glossen reüssierte er bei der Zeitung »Ma'ariv«. In einem Lebenslauf
sagte er von sich: Lebt in Tel Aviv als freier Schriftsteller, nachdem er sich
zuvor als freier Schlosser im Kibbuz, freier Garagenbesitzer und in einer Reihe
anderer freier Berufe betätigt hat.
Filme hat er auch gedreht, einmal kam er
bis zur Oscar-Nominierung.
Der phänomenale Erfolg seiner Romane und Geschichten ist das eine - mit ihm
werden sich die Literatursoziologen beschäftigen müssen. Sicher hat er mit der
Faßlichkeit seiner Geschichten zu tun, die universelle Mißlichkeiten wie die
Bürokratie und das Ehekreuz aufs Korn nahmen - und die moderne Kunst, die auf
Kishons privater Liste der Weltübel ziemlich weit oben stand. Ist es ein Zufall,
daß er in seinem Lebenslauf die Freiheit so sehr betonte? Wohl kaum. Der
Zionismus bedeutete ja für seine Pioniere eine vitale Befreiung.
Nun, in Israel, waren sie vom Zwang der Selbstrechtfertigungen und der Apologien
entlastet, der ihnen das Leben in Europa verbittert hatte: Nie wieder würde man
sich für das eigene Sein entschuldigen müssen. Deshalb fand man gerade bei den
entschiedenen Zionisten eine für heutige europäische Ohren ungewohnt freimütige
Sprache, die noch unlängst einen Biographen von Arthur Koestler zu nachgerade
komischen Verrenkungen nötigte, um gegen Koestlers Eigenwilligkeiten den
deutschen Gegenwartskonsens zu behaupten. Ähnlich liegt der Fall des kürzlich
verstorbenen Historikers Norman Cantor, in dessen nie genug zu schätzender
Geschichte des jüdischen Volkes, »The sacred chain«, man auf jeder Seite Dinge
findet, die den deutschen Wohlmeinenden in den Ohren klingen müßten.
Aus solchem Holz war auch Ephraim Kishon geschnitzt - sein deutscher Verleger
war Helmuth Fleissner, ein durchaus konservativ-patriotischer Mann, um das
mindeste zu sagen, und von Berührungsängsten wollte Kishon nichts wissen. Im
schweizerischen Appenzell, wo er seit langem einen zweiten Wohnsitz hatte, ist
der Schriftsteller am 29. Januar gestorben. Die Beerdigung soll in Tel Aviv
stattfinden.
FAZ Montag
31. Januar 2005
Der israelische Bestseller-Autor Ephraim Kishon ist in seiner Schweizer Wahlheimat gestorben. Der 80- Jährige sei gestern in seinem Haus in Appenzell einem Herzanfall erlegen, bestätigte die Innerrhoder Polizei.
sda Kishon war einer der berühmtesten Schriftsteller Israels und galt als
erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Seine von selbstironischem Humor
geprägten Erzählungen hatten vor allem in Deutschland, aber auch in der Schweiz
eine grosse Fangemeinde. Die weltweite Auflage seiner Bücher beträgt 43
Millionen. Kishons Werke wurden in 37 Sprachen übersetzt. In seinen insgesamt 50
Büchern verarbeitete der Holocaust-Überlebende auch mit schwarzem Humor seine
Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus. Einmal schrieb er, die Nazis hätten
einen Fehler gemacht, einen Humoristen am Leben zu lassen
.
Bekannte Titel Kishons, der in seinen Erzählungen mit Vorliebe alltägliche menschliche Schwächen aufspiesste, sind »Der Blaumilchkanal«, »Kein Öl, Moses?« oder »Paradies neu zu vermieten«.
Israels Premier Ariel Scharon bezeichnete Kishon als einen der Giganten unserer
Generation
. Mit Charme und Scharfsinnigkeit habe er der israelischen
Gesellschaft den Spiegel vorgehalten. Der Präsident des deutschen Zentralrats
der Juden, Paul Spiegel, würdigte Kishon als einen Repräsentanten des jüdischen
Humors.
Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Schon früh wurde sein Talent für die Schriftstellerei entdeckt; 1940 erhielt er den ersten Preis bei einem ungarnweiten Literaturwettbewerb für Schüler. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er von den Nazis in das polnische Vernichtungslager Sobibor deportiert, von wo er fliehen konnte. Nach dem Krieg besuchte Kishon die Kunstakademie und machte sein Diplom als Bildhauer.
1949 emigrierte er nach Israel, wo er auf Hebräisch für die angesehene Zeitung »Maariv« Kolumnen zu schreiben begann. Die tägliche Glosse behielt er über Jahrzehnte. Daneben verfasste er Satiren und Theaterstücke. 1955 erschien sein erster Roman »Der Fuchs im Hühnerstall«. Der internationale Durchbruch gelang ihm 1959, als die »New York Times« sein Buch »Drehn Sie sich um, Frau Lot« zum Buch des Monats wählte.
Der Autor hatte auch andere Talente: So gewann er einmal die Billard-Weltmeisterschaft und entwickelte ein Schachprogramm, das den Spieler hänselt.
Kishon war mehr als 40 Jahre lang mit seiner Frau Sara verheiratet, die 2002 starb; mit ihr zusammen hatte er drei Kinder. Anfang 2003 heiratete er die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek. Kishon lebte abwechselnd in Israel und in der Schweiz; das Haus in Appenzell hatte er 1981 gekauft.
Der Landbote
Tel Aviv - Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Israelische Medien berichteten, er sei am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke gestorben. Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.
Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Er
schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite
Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in
deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte
hebräische Buch der Welt nach der Bibel.
Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte Kishon in den 50er Jahren den
literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die
Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ
geltende Schriftsteller thematisierte allgemeinmenschliche Schwächen wie die
Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie, politische
Themen vermied er meist.
Der Schriftsteller arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten
Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Kishon hat Theaterstücke verfaßt und
Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht
ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben
, fügte er hinzu.
Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.
Tatsächlich war nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern
nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So
half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der
Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner
Familie kam in den Gaskammern von Auschwitz um.
Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den
Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein
Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont
zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf
Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung
Gibt es nicht
durch Ephraim.
Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, daß er gerade in Deutschland so
beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, daß die Enkel meiner Henker in
meinen Lesungen Schlange stehen
, hat er gesagt. Den jungen Deutschen gegenüber
empfand er keinen Haß. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive
Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.
Am Beispiel seiner Lieblingsgeschichten in »Beinahe die Wahrheit. Die Geschichte
meiner Geschichten« gab der Satiriker Einblick in sein Schreiben und seine
Inspirationen. Das 1961 in Deutschland erschienene »Drehn Sie sich um, Frau
Lot!«, in dem er die Probleme nicht nur des israelischen Alltags aufspießte,
wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es folgten Bestseller wie »Kein Öl, Moses?«
(1974), »Paradies neu zu vermieten« (1979) oder »Kishons beste
Autofahrergeschichten« (1985).
Zu Kishons 80. Geburtstag im vergangenen Jahr erschien in seinem deutschen
Verlag Langen Müller ein Sammelband mit seinen Prosaarbeiten, »Alle Romane«. Es
enthält seinen ersten Roman »Mein Kamm«, mit dem er nach dem Krieg einen
landesweiten ungarischen Romanwettbewerb gewonnen hatte. Es ist seine Abrechnung
mit dem Nationalsozialismus und Rassismus. »Der Fuchs im Hühnerstall« (1969)
erzählt die Geschichte eines Politikers, der ein Dorf umkrempeln will. »Der
Glückspilz« (2003) ist eine Satire auf die moderne Mediengesellschaft.
WELT
Der aus Ungarn stammende israelische Beststellerautor Ephraim Kishon ist am Samstag im 81. Lebensjahr in der Schweiz gestorben, wo er zuletzt lebte. Er erlag einem Herzinfarkt. Das berichten israelische Medien.
Kishon im Arbeitszimmer in Appenzell
Der Autor hatte mehr als 50 Bücher geschrieben, die in 37 Sprachen übersetzt
wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen. Seine
«Familiengeschichten» gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt
nach der Bibel.
Kishons Leichnam sollte den Medienberichten zufolge noch am Sonntag nach Israel
geflogen werden. Die Beerdigung sei in Tel Aviv geplant. Kishon hatte drei
Wohnsitze: neben Tel Aviv lebte er in Appenzell und Zürich.
23.8.24 in Ungarn geboren, neugeboren 1949 in Israel
, schrieb er einmal in
einem Lebenslauf. Ephraim Kishon kam als Ferenc Hoffmann in Budapest zur Welt.
1944 wurde er nach Polen deportiert. Er konnte fliehen und überlebte - getarnt
als Nichtjude - als einziger seiner Familie den Holocaust.
1945 begann er in Budapest ein Studium der Kunstgeschichte und Metallskulptur
und arbeitete in verschiedenen Redaktionen. Nach ersten Erfolgen mit
Theaterstücken und Satiren gewann er mit seinem ersten Roman »Mein Kamm« den
grossen ungarischen Romanwettbewerb.
1949 emigrierte er nach Israel, wo er zuerst als Schlosser arbeitete. Er lernte
Hebräisch und veröffentlichte 1952 erste politische satirische Glossen in dieser
Sprache. 1959 gründete er das Theater »Die grüne Zwiebel«, das er bis 1962
leitete.
1963 erschien Kishons erster Film, 1964 wurde »Sallah« mit zwei Golden Globes
ausgezeichnet. Es folgten Oscar-Nominierungen 1964 und 1972. Kishon gewann auch
einmal die Billard-Weltmeisterschaft und entwickelte ein Schachprogramm, das den
Spieler hänselt.
Kishon war über 40 Jahre lang bis zu ihrem Tod mit der berühmten »besten Ehefrau
von allen« Sara verheiratet und hat fünf Enkel von seinen Kindern Rafi, Amir und
Renana, die bei der weltweiten Lesergemeinde nicht minder bekannt sind. 2003
heiratete er die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek.
ESpace.ch
Wen die Götter strafen wollen, machen sie zum Verbündeten der USA.
Ich verehre Menschen, die eine ideale Gesellschaftsordnung suchen, und fürchte diejenigen, die sie gefunden haben.
Alle überzeugten Kommunisten leben im Westen.
Der Mensch bringt sogar die Wüste zum Blühen. Die einzige Wüste, die ihm noch Widerstand bietet, befindet sich in seinem Kopf.
Die Ehe ist gut für Frauen. Deshalb sollten nur Frauen heiraten.
Mein Zynismus ist eigentlich eine realistische Anschauung.
Ich wurde zum Lieblingsautoren der Nachkommen meiner Henker, das ist die wahre Ironie der Geschichte.
Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke. Sein Leichnam soll noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.
Ephraim Kishon war zweifellos einer der bedeutendsten Künstler der israelischen
Kultur
, sagte Staatspräsident Mosche Katzav am Sonntag im israelischen
Rundfunk. Keiner habe so wie er den Prozess der Eingliederung von Einwanderern
in die israelische Gesellschaft zum Ausdruck bringen können.
Ephraim Kishon war zweifellos einer der bedeutendsten Künstler der israelischen Kultur.
Israels Staatspräsident Mosche Katzav
2003 bekam er für sein Lebenswerk die höchste Auszeichnung des israelischen Staates, den Israel-Preis.
Auch Ministerpräsident Ariel Scharon hat Kishon als einen der Giganten unserer
Generation
gewürdigt. Scharon sagte am Sonntag, der 80-Jährige habe der
israelischen Gesellschaft mit Charme und Scharfsinnigkeit den Spiegel
vorgehalten. Kishon ist gestorben, aber sein Werk wird uns und den kommenden
Generationen bleiben.
Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren und galt
als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Er schrieb mehr als 50 Bücher, die
in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43
Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Seine
»Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt
nach der Bibel.
Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte Kishon in den 50er Jahren den
literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die
Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ
geltende Schriftsteller spießte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei
um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie, aber politische
Themen vermied er meist.
Ich glaube, jemand hat mich gern da oben.
Ephraim Kishon
Kishon arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes
im Schweizer Ort Appenzell. Der Schriftsteller hat Theaterstücke verfasst und
Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht
ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben
, fügte er hinzu.
Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.
Tatsächlich war es nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern
nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So
half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der
Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner
Familie kam in den Gaskammern von Auschwitz um.
Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen
Schlange stehen.
Ephraim Kishon
Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den
Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein
Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont
zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf
Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung
Gibt es nicht
durch Ephraim.
Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, dass er gerade in Deutschland so
beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in
meinen Lesungen Schlange stehen
, hat er gesagt. Den jungen Deutschen gegenüber
empfand er keinen Hass. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive
Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen
ZDF
30.01.2005
Der israelische Autor Ephraim Kishon ist gestern im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke gestorben. Dies berichteten israelische Medien in der Nacht zum Sonntag unter Berufung auf Kishons Sohn Raphael.
Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.
Kishon schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen. Seine «Familiengeschichten» gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.
Mit der Geschichte vom «Blaumilchkanal» schaffte Kishon in den 50er Jahren den Durchbruch in Israel.
Seither hatte er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert.
Der Schriftsteller spiesste allgemeinmenschliche Schwächen auf wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die
grassierende Bürokratie; politische Themen vermied er meist.
Kishon arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes in Appenzell.
Er verfasste auch Theaterstücke und drehte Filme. 1964 und 1972 wurde er für den Oscar nominiert.
Der Autor wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Ich
glaube, jemand hat mich gern da oben
, sagte er einst zu seinem Erfolg.
Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.
Eine ganze Kette von Wundern waren nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den
Holocaust überleben konnte. So half ihm seine Schach-Begabung in einem
Arbeitslager, weil der Kommandant ein Faible für Schach hatte.
Er überlebte den Massenmord als einziger seiner Familie. Der grösste Teil seiner
Verwandten wurde von den Nationalsozialisten in den Gaskammern von Auschwitz
umgebracht. Später entkam er auch dem Gulag Stalins nur knapp.
Nach dem Krieg war Kishon nach Ungarn zurückgekehrt. In Budapest begann er ein
Studium der Kunstgeschichte und Metallskulptur. Mit seinem ersten Roman «Mein
Kamm» gewann er den grossen ungarischen Romanwettbewerb.
Im Mai 1949 bestieg er ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er
sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft in Haifa stutzte der Beamte
diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen
Bemerkung «Gibt es nicht» durch Ephraim.
In Israel arbeitete Kishon zuerst als Schlosser und lernte Hebräisch. 1952
veröffentlichte er erste politische satirische Glossen in dieser Sprache.
Wiedergeboren in Israel
23.8.24 in Ungarn geboren, neugeboren 1949 in Israel
, schrieb Kishon einmal in
einem Lebenslauf. Er liebt das kleine Land, das so schmal ist, dass an den
Zugsfenstern geschrieben steht Bitte nicht nach Jordanien hinauslehnen
.
Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, dass er in Deutschland so beliebt
ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen
Lesungen Schlange stehen
, hat er gesagt.
Der Durchbruch im deutschen Sprachraum gelang ihm 1961 mit »Drehn Sie sich um,
Frau Lot!«. Es folgten Bestseller wie »Kein Öl, Moses?« (1974), »Paradies neu zu
vermieten« (1979) oder »Kishons beste Autofahrergeschichten« (1985).
Der Autor hatte auch andere Talente: So gewann er einmal die Billard-Weltmeisterschaft und entwickelte ein Schachprogramm, das den Spieler hänselt.
Kishon war über 40 Jahre lang bis zu ihrem Tod mit der »besten Ehefrau von allen« Sara verheiratet. Er hatte drei Kinder und fünf Enkel. 2003 heiratete er die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek.
Tagesanzeiger.CH
Appenzell / Tel Aviv - Ephraim Kishon, Satiriker und Chronist des jüdischen Alltagslebens, ist im Alter von 80 Jahren an seinem Schweizer Wohnort Appenzell gestorben. Der vor allem in Deutschland erfolgreiche Schriftsteller erlag am Samstag einem Herzinfarkt. Der israelische Staatspräsident Mosche Katzav würdigte Kishon am Sonntag als einen der bedeutendsten Künstler des Landes. Keiner habe so wie er den Prozess der Eingliederung von Einwanderern in die israelische Gesellschaft zum Ausdruck bringen können.
Er war ein Repräsentant des jüdischen Humors
, sagte der Präsident des
Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, der »Netzeitung«. Zu Israel
habe Kishon immer ein ambivalentes Verhältnis gehabt, sagte am Sonntag sein Sohn
Rafi. So habe er die Gründung des jüdischen Staates zwar als größtes Wunder des
20. Jahrhunderts betrachtet. Von den Intellektuellen und Kritikern in Israel
habe er sich aber oft ungerecht behandelt gefühlt. Gleichwohl habe sein Vater
weiter auf Hebräisch geschrieben und Israel von der Schweiz aus immer wieder
besucht.
Die Erfolge in Deutschland freuten Kishon besonders. Er sagte, es sei ein
besonderes Gefühl, dass die Kinder seiner Henker jetzt seine Bewunderer seien,
sagte Rafi Kishon. In seinem letzten Interview vor seinem Tod sagte Kishon am
Freitagabend den »Stuttgarter Nachrichten« zum bevorstehenden Israel-Besuch von
Bundespräsident Horst Köhler: Der Präsident hat meine größte Sympathie als
Mensch und als Präsident, der das brutale Benehmen der Nazis verurteilt.
Kishon wurde am 23. August 1924 unter dem Namen Ferenc Hoffmann in Budapest
geboren und in der deutschen Besatzungszeit nach Polen deportiert. In einem
Konzentrationslager stellte ihn ein Wachmann mit anderen Juden in eine Reihe und
erschoss zehn Häftlinge - Kishon aber überging er. Sie machten einen Fehler,
sie ließen einen Satiriker am Leben
, schrieb Kishon später. Im letzten
Kriegsjahr 1945 gelang ihm auf dem Weg ins Vernichtungslager Sobibor die Flucht.
1949 siedelte er von Ungarn nach Israel über, wo er seinen neuen Namen annahm.
Nachdem Kishon in Budapest Kunstgeschichte und Bildhauerei studiert hatte,
schrieb er in Israel zunächst satirische Glossen für die Tageszeitung »Maariv«.
Mit Beginn der 60er Jahre gab er eine Vielzahl von Satiren und Erzählbänden
heraus. Am bekanntesten wurden »Drehn Sie sich um, Frau Lot« (1962), »Arche
Noah, Touristenklasse« (1963) und »Wie unfair, David« (1967). Trotz seiner
europäischen Herkunft zeichnete Kishon in kongenialer Präzision die Charaktere
und Gedankenwelt der jüdischen Einwanderer aus Nordafrika nach. Sein Werk von
mehr als 50 Büchern wurde in mehr als 34 Sprachen übersetzt. In Deutschland
erreichten seine Bücher eine Millionenauflage. Außerdem schrieb er Drehbücher
für Filme wie »Salah Schabati«.
Kishons deutscher Verlag LangenMüller-Herbig teilte mit, dass der Autor erst am
Donnerstag die Druckfreigabe für sein jüngstes Werk erteilt habe - mit dem Titel
»Kishon für Österreicher - und alle, die es gern wären«.
In Deutschland erhielt Kishon 1978 den Orden wider den tierischen Ernst und 1984
den Karl-Valentin-Orden. 2003 bekam er für sein Lebenswerk die höchste
Auszeichnung des israelischen Staates, den Israel-Preis. Kishon hinterlässt
seine dritte Frau Lisa und drei erwachsene Kinder. Die Beisetzung findet in
Israel statt.
Stuttgart (ots) - Anlässlich des Todes des israelischen Schriftstellers Ephraim
Kishon veröffentlichen die Stuttgarter Nachrichten (Montagausgabe) folgende
Zitate aus seinem letzten Interview am Freitagabend.
In der Bibel steht: Der Mensch ist reich von Geburt an. Mich hat das Leben
gelehrt: Der Mensch, von der Furcht der Bestrafung befreit, ist ein Ungeheuer.
Das Jahr 2005 ist in Deutschland das Einstein-Jahr. Ich erkenne darin eine
Wertschätzung des jüdischen Beitrags zur Weltkultur. Ich habe seinerzeit Albert
Einstein vorgeschlagen, Präsident Israels zu werden. Er hat überaus freundlich
geantwortet, dass dies eine große Ehre sei. Dann sagte er: Aber ich bin
Nobelpreisträger; ich bin für dieses Amt nicht geeignet.
Ich bin jünger als mein Alter. Aber die hohe Zahl meiner Lebensjahre macht mich
ein bisschen traurig. Es ist eine unschuldige Gerechtigkeit, alt zu werden, und
wenn Sie können, vermeiden Sie es.
Ich bin im Alter der Kompromisse. Ich will nicht lange leben, ich will nur
nicht alt werden - das ist der einzige Kompromiss, den ich ertragen kann. Was
ist das für ein Leben, diese Genies im Rollstuhl?
Wiedergutmachung ist unmöglich
Stuttgart (ots) - Nur widerwillig und sehr selten hatte sich der israelische
Schriftsteller Ephraim Kishon zu politischen Themen geäußert. In seinem letzten
Interview vor seinem Tod in der Nacht zum Sonntag aber hatte er am Freitagabend
im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten mit dieser Regel gebrochen.
Er nahm Stellung zur Israel-Reise von Bundespräsident Horst Köhler und dessen
geplanten Rede vor der israelischen Knesset, zum israelisch- palästinensischen
Konflikt, speziell zur umstrittenen Siedlungspolitik Ariel Scharons und zum
deutsch israelischen Verhältnis nach dem Holocaust. Die Stuttgarter Nachrichten
drucken das Interview in der Montagausgabe.
Sie erhalten hiermit zunächst den Wortlaut des politischen Teils des Interviews.
Es folgen später weitere Zitate zu anderen Bereichen.
Herr Kishon, sollte Bundespräsident Horst Köhler anlässlich seiner Rede am 40.
Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und
Israel Deutsch sprechen - obgleich einige Knesset-Abgeordnete aus Protest das
Parlament verlassen wollen?
Kishon: Sie stellen eine delikate Frage. Sie haben die Judenvernichtung nicht
erlebt, und ich bin leben geblieben. Der
Erste, der im israelischen Parlament Deutsch sprechen durfte, war Axel Springer.
Niemand hat den Saal verlassen, weil Springer für seine außerordentliche
Sympathie für unser Land geschätzt wurde. Heute sind nach ihm Straßen benannt,
wie auch nach Oskar Schindler. Ich kann mich damit anfreunden, dass auch Horst
Köhler Deutsch spricht - vor allem nachdem er beim Gedenken in Auschwitz seine
tiefen Gefühle gezeigt hat. Der gute Mann sollte nicht beleidigt werden. Als
Ägyptens Präsident Saddat nach zwei blutigen Kriegen mit Israel die Knesset
besuchte und auf Arabisch sprach, ist auch niemand hinausgegangen.
Ist das tatsächlich vergleichbar?
Ich kann nicht sagen: Pfeift auf die, die beim Besuch Köhlers hinausgehen. Denn
es könnte sein, dass sie damit ihre tiefen Gefühle ausdrücken wollen. Aber es
kann auch sein, dass ein paar Idioten darauf spekulieren: Wer sich am gröbsten
verhält, wer den Gast möglicherweise beschimpft, bekommt die größten
Schlagzeilen. Das funktioniert in Israel so wie in Deutschland und wie überall
auf der Welt. Der Präsident hat meine größte Sympathie als Mensch und als
Präsident, der das brutale Benehmen der Nazis verurteilt. Auch Dschingis Khan
hat Millionen Menschen massakriert. Aber er hat seinen Feinden nicht verboten,
dass sie zu Hause Milch trinken oder einen Kanarienvogel halten. Die Nazis haben
nicht nur die Kamine von Auschwitz befeuert.
Gilt denn dem politischen Israel die deutsche Sprache noch immer als
Tätersprache?
Deutsch ist die Sprache, in der den Juden die größten Beleidigungen und
Erniedrigungen widerfahren sind. Der israelische Parlamentspräsident wird den
Bundespräsidenten wahrscheinlich auf Englisch begrüßen. Ich rate Herrn Köhler,
eine kleine Rede auf Hebräisch vorzubereiten, in der er seinen Respekt vor der
Sprache der Bibel und Jesus Christus bekundet. Dann sollte er um Verzeihung
bitten, dass er in seiner Sprache fortfährt, obwohl das Deutsch die
Bestialitäten der Nazis an Juden begleitet hat. So kann er eine Rede auf sehr
hohem Niveau halten.
Neben der Form, der Wahl der Sprache - was möchten Sie von Köhler inhaltlich
hören?
Er sollte sein Mitgefühl äußern, und er sollte um Entschuldigung dafür bitten,
was dem jüdischen Volk angetan worden ist. Das ist keine leichte Rolle für ihn,
denn er ist persönlich gar nicht verantwortlich, dafür ist er viel zu jung.
Erlauben Sie mir eine Bemerkung: Heute sind ein Drittel der Nobelpreisträger
Juden. Unter den sechs Millionen von Nazis ermordeten Juden waren die Elite des
Judentums, die Einsteine. Wenn ich Deutscher wäre, würde ich dafür um
Entschuldigung bitten. Denn Wiedergutmachung ist unmöglich.
David Ben Gurion und Konrad Adenauer haben vor 40 Jahren Wiedergutmachung
versucht . . .
. . . viele meinen sogar, dass Israel dadurch erst in die Lage versetzt wurde,
seine schrecklichen Kriege durchzuführen. Die metaphorische Änderung der
deutschen Politik, die mit dem Dialog zwischen Adenauer und Ben Gurion begonnen
hat, zeigt sich auch darin, dass Deutschland hinter den USA das Land ist, aus
dem die meisten
Besucher nach Israel reisen. Sie sind als Freunde unseres Volks zurückgekommen.
Und es sind deutsche Regierungen, die Synagogen wieder aufgebaut und Denkmäler
errichtet haben. Die Botschaft all dessen lautet: Nichts wird geleugnet, Israel
wird nicht gehasst, sondern als Land geschätzt, in dem die Überlebenden des
Holocaust leben.
Können Köhler und Scharon an Ben Gurion und Adenauer anknüpfen?
Nein. Adenauer war angefüllt mit Scham und dem guten Willen zu zeigen, dass
Deutschland etwas für den jungen israelischen Staat tun kann. Ariel Scharon ist
nicht ohne Gefühle, aber er ist ein großer Feldherr. Aber wie er heute in Israel
agiert, hat mit Tapferkeit nicht mehr viel zu tun. Er wird sehr nett und höflich
zu Horst Köhler sein. Der Bundespräsident muss vor israelischen Journalisten
darauf achten, was er sagt, damit sie einzelne Aussagen nicht zerpflücken und
entsprechend ausgelegen.
Stichwort Auslegen: Warum legt Scharon jede Kritik an seiner Siedlungspolitik
als Antisemitismus aus?
Tatsächlich hat Ariel Scharon gesagt: Wer jüdische Siedler hasst und ankündigt,
er wolle ihre Siedlungen ausradieren, der denkt antisemitisch. Diese Siedler
haben sehr lebendige Regionen aufgebaut; aber es sind zu viele, als dass sie
alle zurückgegeben werden können. Ich schätze Scharon dafür, dass er einen
Kompromiss mit den Palästinensern finden will - schließlich hat er diese
Siedlungen gebaut. Wir kämpfen nicht gegen die Palästinenser, wir kämpfen gegen
die Berichterstattung über die israelische Politik. Israel lebt in einer Welt,
in der Hitler und Nazi-Deutschland nur dank militärischer Überlegenheit besiegt
wurden - nicht aber von innen heraus.
Stuttgarter Nachrichten
Es war Salach Shabati (Tausche Tochter gegen Wohnung) oder der Blaumilchkanal,
wie auch »Pardon wir haben gewonnen« die den Schriftsteller Kishon weltberühmt
machten.
Ephraim Kishon, 1924 in Budeapest als Ferenc Hoffmann
geboren, den 2. Weltkrieg überlebt, flüchtet vom Todesmarsch aus Sobibor,
besucht danach die Kunstschule in Budapest, erhält den ersten seiner zahlreichen
Preise als Roman- Schriftsteller 1948 in Ungarn, flüchtet 1949 mit seiner ersten
Frau vor dem Kommunismus nach Israel, wird in Kibbutz Hachoresch Sanitäter und
Pferdetrainer (...) 1951 zieht Kishon nach Tel Aviv, arbeitet anfangs für die
ungarischsprachige Zeitung UJKELET, lernt 1952 im Ulpan ordentlich Ivrit,
schreibt ab 1952 seine Kolumne in der Tageszeitung Maariv, die er drei
Jahrzehnte fortführt.
Im Jahre 1953 wird sein Stück (»Sein Name ging ihm voraus«) im Nationaltheater
Habima aufgeführt. Im Jahre 1963 wird
»Tausche Tochter gegen Wohnung« oder in Ivrit »Salach Shabbati« ein Welterfolg ,
gar für den Oskar nominiert.
»Arbinka« 1967 und der »Blaumilchkanal« festigten den Ruf Kishons als
Drehbuchautor und Regiesseur. Für den »Polizisten Azulai« erhielt Kishon den
Golden Globe.
Seine über 50 Bücher in Hebräisch wurden in 37 Sprachen übersetzt. Mit über 40
Millionen verkauften Büchern ist Kishon einer der erfolgreichsten seiner Zunft.
Im deutschsprachigen Raum übersetzte Friedrich
Torberg Kishon kongenial. Ephraim Kishon blieb zeitlebens ein politischer
Mensch, setzte sich für den Staat Israel ein und wandte sich scharf gegen seiner
Ansicht nach ungerechtfertigte »Israelkritik«.
Den Karnevalspreis »wider dem Tierischen Ernst« sandte er beispielsweise zurück,
weil er diesen nicht mit »Israelkritiker« Norbert Blüm teilen wollte. Kishon war
in dritter Ehe verheiratet, seine »beste Ehefrau von allen« Sara starb vor
wenigen Jahren. Der Träger des Israel-Preises und Nobelpreisanwärter hat der
israelischen Kultur einen unvergleichlichen Stempel aufgedückt. Am Samstag Abend
starb Kishon durch einen Herzinfarkt in seinem Haus in der Schweiz.
Zwei Söhne und fünf Enkel und seine österreichische Witwe Lisa betrauern den
erfolgreichsten Satiriker Israels. Er wird am Dienstag in Israel bestattet.
Yehi zikhro baruch.
Die Juedische Allgemeine
Der wohl erfolgreichste Satiriker der Nachkriegszeit und Holocaust-Überlebende starb im ALter von 80 Jahren in seinem Haus in der Schweizer Stadt Appenzell.
Der israelische Autor Ephraim
Kishon ist tot. Israelische Medien berichteten in der Nacht zum Sonntag, er sei
am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke
gestorben. Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein
Leichnam sollte noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist
in Tel Aviv geplant.
Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Er
schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite
Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in
deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte
hebräische Buch der Welt nach der Bibel.
Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte Kishon in den 50er Jahren den
literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die
Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ
geltende Schriftsteller spießte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei
um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie, aber politische
Themen vermied er meist.
Der Schriftsteller arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten
Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Kishon hat Theaterstücke verfasst und
Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht
ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben
, fügte er hinzu.
Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.
Tatsächlich war es nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern
nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So
half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der
Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner
Familie kam in den Gaskammern von Auschwitz um.
Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den
Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein
Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont
zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf
Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung
Gibt es nicht
durch Ephraim.
Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, dass er gerade in Deutschland so
beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in
meinen Lesungen Schlange stehen
, hat er gesagt. Den jungen Deutschen gegenüber
empfand er keinen Hass. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive
Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.
Am Beispiel seiner Lieblingsgeschichten in »Beinahe die Wahrheit. Die Geschichte
meiner Geschichten« gab der Satiriker Einblick in sein Schreiben und seine
Inspirationen. Das 1961 in Deutschland erschienene »Drehn Sie sich um, Frau
Lot!«, in dem er die Probleme nicht nur des israelischen Alltags aufspießte,
wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es folgten Bestseller wie »Kein Öl, Moses?«
(1974), »Paradies neu zu vermieten« (1979) oder »Kishons beste
Autofahrergeschichten« (1985).
Zu Kishons 80. Geburtstag im vergangenen Jahr erschien in seinem deutschen
Verlag Langen Müller ein Sammelband mit seinen Prosaarbeiten, »Alle Romane«. Es
enthält seinen ersten Roman »Mein Kamm«, mit dem er nach dem Krieg einen
landesweiten ungarischen Romanwettbewerb gewonnen hatte. Es ist seine Abrechnung
mit dem Nationalsozialismus und Rassismus. »Der Fuchs im Hühnerstall« (1969)
erzählt die Geschichte eines Politikers, der ein Dorf umkrempeln will. Der
Glückspilz (2003) ist eine Satire auf die moderne
Mediengesellschaft. Kishons liebster Arbeitsplatz: Sein Haus in Appenzell.
Foto: AP
Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen
Lesungen Schlange stehen.
Süddeutsche Zeitung
1924 in Ungarn geboren, neugeboren 1949 in Israel. Zu viele Schulen. Zu viele Arbeitslager
,
so Kishons Abriß über sein Leben.
Daß er die Nazi-Zeit überlebte, verdankte er dem Schachspiel. Und das kam so: Als junger Mann wurde Ephraim Kishon (damals hieß er noch Ferenc Kishont) zusammen mit anderen jungen Männern aus Ungarn in das Arbeitslager Jolsva deportiert. Es war Ende 1944, das Dritte Reich brach an allen Fronten zusammen, aber Adolf Eichmanns Viehwaggons rasten zwecks »Endlösung der Judenfrage« immer noch unter Volldampf durch Europa. 220 Gymnasiasten wurden von ihren Bewachern, brutalen ungarischen Antisemiten, über Landstraßen gehetzt, übernachteten in Scheunen, tranken Wasser aus Dreckpfützen. Ferenc Kishont holte sich Typhus, sagte nichts davon, wankte irgendwie weiter.
Außer ihm kamen immerhin noch zwei andere lebend im Lager Jolsva in Polen an.
Die Maloche dort war schwer, aber jeden Samstag war frei. Dann hingen die
Häftlinge herum wie die Fliegen, und Kishont spielte mit einem Unglücksgenossen
Schach.
Eines Tages hört er hinter sich eine Stimme: Das ist nicht der richtige Zug,
Junge.
Ferenc Kishont dreht sich um und fällt fast in Ohnmacht, denn hinter ihm
hat sich Gott persönlich aufgepflanzt: der Lagerkommandant in Zivil. Er läßt
sich trotzdem nicht einschüchtern und sagt: Gestatten Sie, Herr Kommandant,
nach dem Buch des internationalen Großmeisters Maroczy Geza ist das sehr wohl
der richtige Zug.
Der Lagerkommandant widerspricht: Nicht dein Zug ist in dem
Buch beschrieben, sondern ein Sprung mit dem Läufer.
Kishont weiß es besser -
mit Verlaub
, sagt er, aber der Zug, den Herr Kommandant meinen, ist in dem
Buch falsch angegeben. Im Anhang befindet sich eine Liste mit Druckfehlern, die
Herr Kommandant bestimmt übersehen haben ...
Der Kommandant prüft die Sache
nach, Kishont hat selbstverständlich recht. Der Häftling Kishont darf also seine
gelbe Binde abnehmen, wird quasi offiziell zum Schachpartner des Kommandanten
befördert und spielt fortan um sein Leben, gerade so, wie Scheherezade um ihr
Leben erzählt hatte: Er darf nicht zu oft gewinnen, um den Herrn über Leben und
Tod nicht mißmutig zu stimmen - aber zu oft verlieren darf er auch nicht, denn
dann würde jener das Interesse an ihm verlieren.
In den letzten Tagen des Krieges versteckte sich Ferenc Kishont - mittlerweile war es ihm gelungen, aus dem Lager auszubrechen - in einem Keller in Budapest. Dieser Keller lag im Niemandsland zwischen Deutschen und Russen, und es gab dort nur zwei Dinge: Kerzen und Tomatensaft. Kishont ernährte sich also von Tomatensaft - eine Folter für seinen Magen, der vom Typhus schon halb zerfressen war. Zwischendurch probierte er eine Kerze; er blieb dann beim Tomatensaft. In jenen Tagen im Keller entwarf Kishont eine schrecklich komische Satire über eine Bewegung, deren Ziel die Endlösung der Glatzkopf-Frage ist. Im Manifest der Bewegung heißt es, daß die Babys nicht zufällig kahlköpfig zur Welt kommen, schließlich hängen sie wie Drohnen faul an der Mutterbrust. Die Glatzköpfe sind unser Unglück! Die Intellektuellen finden solche Ideen diskutabel, die Jugend Europas ist begeistert. Bald werden Haar-Kommandos gegründet, die Glatzköpfe umbringen. Die Führer der Bewegung aber bereichern sich an den Gewinnen aus ihren geheimen Perücken- und Toupetfabriken. Es ist unmöglich, diese Geschichte heute ohne Schaudern zu lesen, denn eine bildliche Assoziation ergibt sich wie von selbst: die verfilzten Berge aus Menschenhaar in Auschwitz.
Der Satiriker, Dramatiker und Filmemacher hat über 50 Bücher geschrieben, die in 38 Sprachen übersetzt wurden. Die Weltauflage beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Der am 23. August 1924 in Budapest als Hoffmann Ferenc geborene Kishon gewann 1940 den landesweiten Novellenwettbewerb für Mittelschüler. Er legt sein Abitur mit Auszeichnung ab, wegen der soeben eingeführten Judengesetze darf er aber kein Studium aufnehmen, sondern beginnt eine Goldschmiedelehre. Anfang 1945 gelingt ihm auf dem Weg in ein Vernichtungslager in Polen die Flucht aus dem Gefangenentransport; er taucht bis zum Kriegsende unter.
Nach dem Krieg wird er zunächst Bildhauer, entdeckte aber rasch sein schriftstellerisches Talent. Nach ersten Erfolgen mit Theaterstücken und Satiren gewinnt er mit seinem ersten Roman »Mein Kamm« den landesweiten ungarischen Romanwettbewerb. 1949 flieht er über Österreich nach Israel, wo er unter anderem als Pferdezüchter in einem Kibbuz arbeitet und schließlich der weltbekannte Satiriker Ephraim Kishon wird. Kishon ist seit vergangenem Jahr mit der österreichischen Schriftstellerin Lisa Witasek verheiratet.
Ein bisschen sauer bin ich schon auf meinen Ephraim, der immer so leisetreterisch auftrat, dessen Literatur viel zu oft und zu Unrecht in die Schublade »Kindermärchen für Erwachsene« geschoben, gesteckt, und je nach Anlass wieder herausgezogen wurde.
Er hätte ruhig noch ein wenig länger bei uns bleiben sollen, dieser sensible
Mitmensch mit dem feinen Gespür für Humor und Ironie.
Er demaskierte, ohne verletzend zu wirken.
Mein Lieblingsbuch von ihm war und wird immer sein »Der Fuchs im Hühnerstall«.
Normalerweise bin ich selten von meiner Freundin zu überzeugen, mehr Prosa statt
Fachliteratur oder Biographien zu lesen, aber beim »Fuchs im Hühnerstall«
erinnere ich mich immer wieder daran, wie der große Politiker mit seinem
Sekretär in die Provinz hinauszog und das Leben eigentlich ganz neu kennen
lernen wollte.
Und was passierte: Seine ihm antrainierten politischen Handlungsweisen
übertrugen sich auf ein Dorf, das bis dahin von Politik noch überhaupt nichts
gehört hatte.
Er wollte loslassen, gleichzeitig drückte er aber dem Dorf und seinen von Kishon
wunderbar individuell geschilderten Bewohnern so nach und nach seine
Beamtenmentalität auf, ohne es zu wollen.
Eigentlich wollte er sich mit seinem Sekretär ja nur erholen.
Seine unbeabsichtigt verbreiteten, aber doch sehr wirkungsvollen Lautmalereien,
geprägt aus dem hauptstädtischen Leben, mussten von Hummeln von Blüte zu Blüte
verbreitet worden sein.
Das Dorf wurde politisch.
Das Gezänk fing an.
Die Moral von der Geschicht, ganz modern gedacht als Bayer:
Lasst uns unsere Naturregionen, unsere Wälder, unsere Berge, und funkt`s uns
nicht dazwischen, Ihr in Brüssel!
Bernd in Amerikanski.de
Tel Aviv - Hunderte von Trauergästen haben den weltberühmten israelischen
Schriftsteller Ephraim Kishon gestern in Tel Aviv zur letzten Ruhestätte
geleitet. Im Beisein seiner drei Kinder und seiner österreichischen Ehefrau, der
Autorin Lisa Witasek, wurde Kishon am Nachmittag auf dem Trumpeldor-Friedhof im
Stadtzentrum beigesetzt - an der Seite seiner 2002 verstorbenen Ehefrau Sara
(»Die beste Ehefrau der Welt«). Der Bestsellerautor, der für ein
Millionenpublikum schrieb, war am Sonnabend im Alter von 80 Jahren in der
Schweiz an einem Herzinfarkt gestorben.
Gestern vormittag war der in eine israelische Flagge gehüllte und mit Blumen
geschmückte Sarg ins Journalistenhaus Bet Sokolov in Tel Aviv gebracht worden.
Mehrere israelische Politiker, darunter die Bildungsministerin Limor Livnat,
sowie Künstler und alte Freunde bezeugten den Angehörigen ihr Beileid. »Im
Herzen der Stadt, die er liebte« sei der Erfolgsautor begraben worden, sagte
sein ältester Sohn Rafi (48).
Der Grabstein wird 30 Tage nach der Beisetzung aufgestellt. dpa